Antworten von Herrn Uwe Flachsmeyer

Oberbürgermeister-Wahl 2019

Fragen IKR e.V. (Initiative Kleingärtner Rostock)

1. Um in Rostock Bauland zu gewinnen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, z.B. die Nutzung von Brachflächen, Baulücken sowie die Nach- und Umnutzung leerstehender Bausubstanz. Welche Möglichkeiten werden Sie ausschöpfen, bevor Sie planen Kleingartenanlagen in potenzielles Bauland umzuwandeln?
Der Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt ist die Grundlage grüner Politik. Wir Grüne wollen unsere städtischen Naturräume und Kulturlandschaften – und dazu gehören auch die Kleingartenanlagen – dauerhaft erhalten und entwickeln. In einer wachsenden Stadt ist die Bewahrung von grünen Rückzugsorten von zentraler Bedeutung. Aber nicht nur Kleingartenanlagen, sondern auch alle bestehenden Natur- und Landschaftsschutzgebiete müssen erhalten bleiben. Außerdem soll die Zahl der bunten Wiesen und der insektenfreundlichen Anpflanzungen auf städtischen Grün- und Parkflächen vergrößert werden. Kleingärten haben eine große Bedeutung für die Menschen, für ein gesundes Stadtklima und als grüne Oasen. Wir unterstützen die Entwicklung des Kleingartenkonzeptes „Grüne Welle Stadtgarten“. Die Kleingärten sollen Teil von Grünachsen sein, die sich durch die Stadt ziehen. Rostock hat etwa 600 ha Kleingartenanlagen. Diese Fläche soll insgesamt erhalten bleiben, denn sie ist ein großes Potential an Lebensqualität. Wir setzen uns dafür ein, Kleingartenanlagen behutsam so zu entwickeln, dass sie öffentlich besser zugänglich sind und der attraktiven Naherholung dienen können. Wir wollen außerdem neue Kleingartenkonzepte, wie Gemeinschaftsgärten, interkulturelle Gärten, Bienengärten und Schulgärten besonders unterstützen. Als Grüne setzen wir uns dafür ein, jede Fäche, die heute als Grünfläche ausgewiesen ist so lange wie möglich als solche auch zu erhalten.

2. Eine Ausweisung von Bauland führt nicht zu bezahlbarem Wohnraum. Wie zahllose Beispielen gezeigt haben, führt dies zur Schaffung hochpreisiger Wohnungen, die von Kapitalanlegern gekauft werden, oder zur Baulandhortung mit dem Ziel, in einigen Jahren und ohne Investitionen das Bauland mit Gewinn wieder zu verkaufen. Mit welchen wohnungspolitischen Instrumenten wollen Sie in den nächsten fünf Jahren bezahlbaren Wohnraum für uns Rostocker schaffen? Wie viele Wohnungen jährlich zu welchem m²-Preis?
Um den steigenden Bedarf an Wohnraum zu decken und um die Mieten nicht weiter steigen zu lassen, müssen schnell neue Wohnungen gebaut werden. Derzeit liegt die Leerstandsquote in Rostock bei unter 1%. Eine für stabile Mieten gute Quote läge bei 3-5%. Wir setzen uns für flächensparendes Bauen mit effektiven Grundrissen und für Geschosswohnungsbau ein. Das spart Baukosten und reduziert damit auch Mietkosten.

Im Bündnis für Wohnen wurde festgelegt, dass in den kommenden Jahren jährlich rund 1.000 bis 1.200 neue Wohnungen gebaut werden sollen. Die Wiro ist das zentrale Steuerungsorgan für den Wohnungsmarkt. Die jährlichen Gewinnausschüttungen der Wiro an den städtischen Haushalt müssen so gestaltet sein, dass sie nicht zu weiter steigenden Mieten führen. Aber auch die Genossenschaften und private Wohnungsunternehmen müssen angehalten werden, Mieten bezahlbar zu gestalten. Bei Neubauvorhaben sollte von Anfang auf soziale Ausgewogenheit und eine Staffelung von Mieten geachtet werden. Wir werden uns dafür einsetzen, dass städtebauliche Verträge mit Investoren entsprechende Festlegungen enthalten.

3. In der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2016 der Bundesrepublik Deutschland wird gefordert, Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig zu gestalten. Ein entscheidender Punkt ist dabei die Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme als Siedlungs- und Verkehrsfläche. Grund und Boden sind kein vermehrbares, sondern ein knappes Gut. Wir lassen unseren nachfolgenden Generationen kaum Steuerungsmöglichkeiten, wenn wir heute Rostocks Freiflächen in großen Teilen in Bauland umwandeln und an Investoren verkaufen. Wie werden Sie diesem Vorhaben entgegentreten?
Als Grüne haben wir gegen viel Widerstand mit dafür gesorgt, dass die Stadt Flächen zukünftig hauptsächlich in Erbbaurecht zur Verfügung stellt. Das ist ein guter Schritt, der kommunale Grundstückedauerhaft im Eigentum der Stadt behält und dadurch langfristig eine sozialverträgliche Steuerung des Immobilienmarktes ermöglicht. Wir werden dafür Sorge tragen, dass dieser Beschluss konsequent umgesetzt wird.
Als GRÜNE setzen wir uns für flächensparendes Bauen ein. Für uns hat die Innenentwicklung Vorrang vor einer weiteren Zersiedlung im Außenbereich. Völlig tabu sind Flächen mit einem Schutzstatus. Die Anpassung an den Klimawandel muss in der Stadtentwicklung eine größere Rolle spielen. Dabei geht es um die Freihaltung und Schaffung von Frischluftschneisen und um ausreichend Verdunstungs- und Versickerungsflächen für Regenwasser. Als Grüne setzen wir uns für ökologisches Bauen ein, dazu gehört der Einsatz nachhaltiger Baustoffe, die Nutzung regenerativer Energietechnik, Dachbegrünung, integrierte Mobilitätskonzepte und naturnahe Freiraumgestaltung. Diese Aspekte müssen bei allen Bauvorhaben Beachtung finden und in Bebauungsplänen festgeschrieben werden. Aktuelle Studien zeigen, dass ökologisches Bauen nicht oder nur unwesentlich teurer ist als Bauen nach gesetzlichem Standart. Sie leisten dafür einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und die Kosten amortisieren sich langfristig in jedem Fall. Der Erhalt und die Gestaltung von Grünflächen sind für uns Grüne ein Kernthema. Wir setzen uns für wohnortnahe begrünte und attraktive Freiräume in allen Stadtteilen ein. Wir wollen, dass Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in  Baugenehmigungsverfahren festgeschrieben werden und Ausgleichsmaßnahmen möglichst im gleichen Stadtteil erfolgen. Zusätzlich sollen
Entsiegelungspotentiale in dicht bebauten Stadtteilen ermittelt werden.

4. Werden Grünflächen in potentielles Bauland umgewandelt, welches irgendwann vielleicht einmal bebaut wird, werden weder Privatpersonen noch die öffentliche Hand auf diesen Flächen investieren. Es widerspricht dem Grundsatz der kommunalrechtlichen Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsprinzipien, wenn z.B. auf einer städtischen Grünfläche, die im Flächennutzungsplan als Bauland ausgewiesen ist, noch mit öffentlichen Geldern Spielplätze gebaut werden oder Wege aufwendig erneuert werden. … Kleingärtner, deren Kleingartenanlage als Bauland im Flächennutzungsplan ausgewiesen ist, werden keinen Nach-Pächter finden und nicht in ihren Verein bzw. ihre Parzelle investieren. Rostocker Vereine, die zum Teil über 100 Jahre alt sind, werden sich auflösen, als hätte es sie nie gegeben. Sind für Sie hier Alternativen vorstellbar, z.B. ein ständiges Monitoring des tatsächlichen Bedarfes an Bauland mit einer anschließenden Ausweisung von Bauland nur nach tatsächlichem Bedarf?
Wir gehen davon aus, dass Rostock in den nächsten Jahren weiter wachsen wird. Derzeit ist unklar, ob es in den nächsten 15 Jahren 10.000, 15.000 oder 20.000 neue Einwohner*innen sein werden. Die Prognose zur Bevölkerungsentwicklung und die Wohnungsnachfrageprognose müssen daher permanent fortgeschrieben und die Zahlen transparent und nachvollziehbar dargelegt werden. Wir setzen uns für eine Stadtplanung mit Varianten und einem zukunftsoffenen Grundkonzept ein, das flexibel auf das tatsächliche Wachstum reagieren kann und dabei möglichst viel Grün erhält.

5. Zur Aufstellung des neuen Flächennutzungsplanes gibt es ein Bürgerbeteiligungsverfahren. Damit die Ernsthaftigkeit dieses Dialogs von uns Bürgern angenommen werden kann, ist ein offenes Ergebnis Voraussetzung. Wurden die Kleingartenanlagen Jägerbeck, Immendick,… bereits als Gewerbefläche an Interessenten angeboten und ist hier eine Dialog überhaupt möglich gewesen? Besteht nach Ihrer Meinung die Möglichkeit diese Flächen im zukünftigen Flächennutzungsplan weiterhin als Kleingartenfläche auszuweisen oder steht hier schon (lange) ein anderes Ergebnis fest?
Als GRÜNE stehen wir für Bürgerbeteiligung. Wir haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass ein Leitfaden Bürgerbeteiligung entwickelt wird. Wir werden dafür Sorge tragen, dass dieser zu Beginn der kommenden Legislatur von der Bürgerschaft beschlossen und danach konsequent angewendet wird, auch bei der Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes. Notwendig für eine echte Bürgerbeteiligung sind Transparenz über Planungshorizonte und Planungsziele sowie jederzeit gut zugängliche Informationen.

Nach unserer Kenntnis wurden die genannten Flächen noch nicht zum Kauf angeboten. Falls Ihnen hier andere Informationen vorliegen, wären wir dankbar für die Weiterleitung.

Die Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes wird die Bürgerschaft und die gesamte Stadtgesellschaft in den nächsten Jahren beschäftigen. Ausgehend von den Prognosen zum Bevölkerungswachstum und zur wirtschaftlichen Entwicklung werden am Ende Entscheidungen getroffen werden müssen. Ob es dabei auch zur Umwandlung von heutigen Grünflächen/Kleingartenanlagen in Bauland kommen kann, ist Ergebnis eines Abwägungsprozesses. Als Grüne werden wir uns dafür einsetzen, dass möglichst viel Grün dauerhaft erhalten bleibt.

6. Wir haben eine Petition zum Erhalt der Kleingartenanlagen in Reutershagen mit über 5.000 Unterschriften eingereicht. Was für ein Ergebnis werden Sie aus dieser Petition ableiten?
Die von Ihnen vorgelegten Unterschriften beweisen, dass es vielen Menschen wichtig ist, grüne Oasen in der Stadt zu erhalten. Wir bitten Sie, sich auch weiterhin für den Erhalt von Kleingärten und damit für mehr Stadtgrün und für mehr Natur in der Stadt einzusetzen. Ihre Beharrlichkeit zeigt Wirkung auch im politischen Raum. Sehr gern laden wir Sie nach der Wahl in die zukünftige Fraktion ein oder wir kommen auch gern zu Ihnen in die Anlage(n), um Fragen, Standpunkte und das weitere Vorgehen mit Ihnen auszutauschen.

Vielen Dank Herr Uwe Flachsmeyer für die Beantwortung unserer Fragen!