PETITION „Erhalt Kleingartenanlagen in Reutershagen“

von | Feb 25, 2019 | Dokumente | 0 Kommentare

Wir, die Kleingartenanlagen KGV An`n Immendiek, Jägerbäk, Schöne Aussicht und Schutow und die Unterzeichner dieser Petition sind gegen die geplante Änderung des Flächennutzungsplanes. Dieser Plan sieht vor, dass oben genannte Kleingartenanlagen einem lärmintensiven Gewerbegebiet bzw. angrenzendem Wohngebiet weichen sollen.

Begründung:

Dieses Szenario wäre ein folgenschwerer Schicksalsschlag für ca. 1000 Kleingärtner und deren Familien. Eine über 80-jährige Kleingartenkultur und und die damit verbundene Lebensphilosophie würde zerstört. In keinem anderen Lebensraum gibt es so viele verschiedene Pflanzen- und Tierarten wie in unseren Gartenanlagen.Die ökologische Notwendigkeit der Kleingärten und Grünflächen sind unabdingbar für unser städtisches Gleichgewicht und sollte nicht so leichtfertig mit Füßen getreten werden.

Das Bienensterben ist ein großes, aktuelles Thema und wir als Kleingärtner können maßgeblich dazu beitragen mit einer Vielfalt an Blüten und aufgestellten Insektenhotels dieses Problem zu lösen. Zudem bieten unsere Kleingärten mit Grünflächen, Bäumen, Biotopen, Tümpeln und Teichen vielen Vögeln und Kleintieren Nist- und Lebensräume. Diese Faktoren darf man nicht einfach ignorieren, denn sie sind auch ein wichtiges Fundament für das zukünftige Zusammenleben zwischen Mensch und Natur. Diese „grüne Lunge“ gilt es unbedingt zu erhalten und zu schützen.

Rostock wirbt mit dem Slogan „Grüne Stadt am Meer“ und hat für das Jahr 2025 die Zusage für die BUGA erhalten und gleichzeitig sollen unsere grünen Oasen wegrationalisiert werden. Welche Ironie! Nicht nur Flora und Fauna würden durch einen Wegfall unserer Anlagen benachteiligt, sondern auch die soziale Komponente, die mit dieser Kultur verknüpft ist.

Gärtnern lehrt uns so viel und sind ein wichtiger Ausgleich für den täglichen Stress und die Hektik in unserer Stadt. Viele Generationen kommen zusammen und pflegen Ihre Parzellen und in Gemeinschaft ihre Anlagen. Die sozialen Kontakte, Gespräche und der Austausch sind ein bedeutsamer Grund einen Garten zu haben oder sich einen anzuschaffen. Auch für Familien mit Kindern ist es ein geschätzter und kostengünstiger Rückzugsort, um gemeinsame Erlebnisse und Abenteuer zu teilen. Wir können unsere Kinder im wahrsten Sinne des Wortes lehren, dass man erntet, was man sät. Wir wünschen uns, dass auch unsere Kinder und deren Kinder dieses Erbe und diese Kultur weiterreichen können und dass sie nicht für Gewerbe oder Wohnungen „sterben“ muss.

Die Unterzeichner fordern den Erhalt und Bestandsschutz unserer Anlagen!
Deshalb brauchen wir jede Unterstützung, denn nur gemeinsam können wir etwas bewegen! Danke Eure Gartenfreunde Rostock

Mail vorab an die Bürgerschaft zur Übergabe der Petition

Sehr geehrter Herr Präsident der Bürgerschaft,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

zu unserer im Anhang beigefügten Petition „Erhalt der Kleingartenanlagen KGV An ́n Immendiek, Jägerbäk, Schöne Aussicht und Schutow“ möchten wir die Übergabe des Textes nebst Unterschriften für die Sitzung der Rostocker Bürgerschaft am 30.01.2019 ankündigen. Zu der Petition liegen bereits einige Stellungnahmen aus Ihren Reihen vor, für die wir herzlich danken. Unabhängig davon seien uns einige ergänzende Bemerkungen zu unserer Eingabe erlaubt:

Viele der von uns mit der Petition vorgetragenen Argumente sprechen an sich schon für den Erhalt aller vorhandenen Rostocker Kleingartenanlagen. Bezogen auf die spezielle Lage der riesigen, von uns bewirtschafteten Grünfläche sind einige Aspekte jedoch noch einmal besonders hervorzuheben. Die Veröffentlichung der ersten Szenarien des Rostocker Zukunftsplanes löste bei uns Angehörigen der oben genannten Anlagen nicht nur Entsetzen dahingehend aus, dass tausende Bürger unserer Stadt ihren teilweise über Generationen gewachsenen Ort für Rückzug, Ruhe und sinnvolle Betätigung verlieren. Vielmehr war uns unverständlich, dass gerade im Westen Rostocks die Ansiedlung emissions intensiven Gewerbes überhaupt vorstellbar sein soll. Gerade die kürzlich vorgefallenen Brände der Recyclinghöfe von Alba und Veolia haben mehr als deutlich aufgezeigt, dass unsere Stadt bzw. das Zentrum und die östlich gelegenen Stadtteile aufgrund des übers Jahr vorherrschenden Westwindes künftig mit diesen Gewerbe-Emissionen zusätzlich belastet werden. Zudem werden sich die zentrumsnahen Bereiche noch mehr als heute aufheizen, wenn ihnen riesige versiegelte bzw. bebaute Flächen vorgelagert werden. Dies dürfte im Übrigen auch auf die Beseitigung aller weiteren bzw. der letzten zentrumsnahen Kleingartenanlagen zutreffen.

Die fortschreitende Vernichtung des Rostocker Garten-Grüns hat also weitaus schwerwiegende Folgen als nur die schleichende Dezimierung eines vielleicht besonderen Bürgertyps und jedes Stadtbürgers, der sich entschließt, hierunter eingeordnet werden zu wollen.
Wir Kleingärtner sorgen dafür, dass das Lebensumfeld der Rostocker Bürger und etwaiger Neubürger auch lebenswert bleibt. Wir begreifen uns und alle Rostocker Kleingartenanlagen gerade nicht als Flächen, die der Stadtentwicklung im Wege stehen. Vielmehr leisten wir bereits mit unserem bloßen Dasein einen bedeutenden Beitrag für die Entwicklung einer lebenswerten Stadt. Im Übrigen funktioniert nach unserer Meinung Stadtentwicklung insbesondere hin zu mehr Wohnraum auch mit intelligenten Lösungen bei der Errichtung neuer und Erweiterung vorhandener Gebäude.

Und schlussendlich sind wir der Auffassung, dass das Kleingartenwesen mit seiner über 150-jährigen Geschichte als Kulturerbe zu begreifen und deshalb jeder einzelne Bestand Kleingarten schützenswert ist.

Dass wir mit unserer Meinung nicht allein stehen, zeigt auch die überaus rege Beteiligung während der Zeichnungsfrist unserer Petition. Insgesamt haben innerhalb weniger Wochen über 5.000 Menschen, davon über 3.000 Rostocker unsere Petition unterzeichnet. Wir setzen daher sehr stark darauf, dass die wahren Dimensionen des Kleingartenwesens in Ihrem Bewusstsein als Vertreter der Bürger unserer Stadt feste Verankerung finden und in der Folge die Verwaltung verpflichtet wird, die entsprechenden Bürgerbelange bei jeder Form von städtebaulicher Planung zu beachten.

Wir wünschen sehr, mit Ihnen im Gespräch zu bleiben und sehen jeder noch folgenden Stellungnahme erwartungsvoll entgegen. Wir freuen uns, wenn Sie diese auch direkt an uns unter folgender Mail-Adresse richten: i-k-r-ev@outlook.de

Mit freundlichen Grüßen
Marco Linstädt
Petent und Gärtner der KGA „An ́n Immendiek“ und zugleich
Angehöriger der Initiative Kleingärtner Rostock e.V.

28.01.2019 ein bewegter Moment für alle Anwesenden

In der heutigen Sitzung der Bürgerschaft wurde die beeindruckend erfolgreich verlaufene Petition „Erhalt der Kleingartenanlagen KGV An`n Immendiek, Jägerbäk, Schöne Aussicht und Schutow“ an die Abgeordneten übergeben. Begleitet wurde dies von einer unter die Haut gehenden Rede des Petenten Marco. Damit die Erinnerung daran nicht mit dem baldigen Ende der jetzigen Bürgerschaft erlischt, lest selbst:

Rede an die Bürgerschaft (Marco)

Sehr geehrte Bürgerschaft , sehr geehrter Präsident.
Mein Name ist Marco Linstädt , ich bin 36 Jahre und komme aus Rostock, und bin Kleingärtner der KGV An`n Immendiek. Ich bin der Petent der Petition „Erhalt der Kleingartenanlagen KGV An`n Immendiek, Jägerbäk, Schöne Aussicht und Schutow“.

Ich stehe hier heute stellvertretend für ca. 1.000 Kleingärtner und ihre Familien die in diesen Anlagen tätig sind .Und ich stehe hier heute stellvertretend für über 15.000 Rostocker Kleingärtner und Naturliebhaber.

Wir haben innerhalb von 90 Tagen über 5.000 Stimmen gesammelt, die gegen die Zerstörung und für den Erhalt der oben genannten Anlagen sind. Diese 4 Anlagen befinden sich rechter Hand der B103 zwischen Marienehe, Evershagen, Reutershagen und dem Wohngebiet Krischanweg. Einer der letzten grünen Gürtel in diesem Bereich. Nach den Szenarien der Stadt, ist in diesem Gebiet für den neuen Flächennutzungsplan eine Gewerbefläche für emissionsintensives Gewerbe und angrenzend verdichteter Wohnraum geplant. Würden diese Szenarien umgesetzt, wäre das für ca. 1.000 Kleingärtner und deren Familien ein folgenschwerer Schicksalsschlag. Eine fast 100-jährige Kleingartenkultur und die damit verbundene Lebensphilosophie würden zerstört. Noch schlimmer wäre, dass es alle Rostocker betrifft.
50 ha Lebensraum für Flora und Fauna würden unwiederbringbar vernichtet. Denn in keinem anderen Lebensraum innerhalb unserer Stadt gibt es so viele verschiedene Pflanzen- und Tierarten wie in unseren Gartenanlagen. Diese hier alle aufzuzählen würde Stunden in Anspruch nehmen. Wir haben Imker in unseren Anlagen, Teiche, Biotope, Wäldchen, Bachläufe. 100 Kilometer an Hecken und Ur-alte Obstgehölze, die es heute woanders nicht mehr gibt. Stichworte wie Bienen-, Insekten- und Vogelsterben verdeutlichen zusätzlich die ökologische Notwendigkeit unser Kleingartenanlagen und Grünflächen. Und sie sind unabdingbar für unser städtisches Gleichgewicht, für unser Mikroklima und sollten nicht so leichtfertig mit Füßen getreten werden.

Wir sind der Lärm-, Feinstaub- und Emission Puffer zwischen Fischereihafen, B105 und den angrenzenden Wohngebieten. Diese „grüne Lunge“ gilt es unbedingt zu erhalten und zu schützen. Die angrenzenden Anwohner sind übrigens genauso begeistert von den Planungen der Stadt. Verständlich – wer möchte schon emission intensives Gewerbe vor der Haustür oder wenn er aus dem Fenster guckt. Sie? Ich denke nicht.

Ich komme aus dem nahe gelegenen Neubauviertel in Evershagen, habe nicht mal einen Balkon und suche genau wie -zigtausend andere Rostocker mit ihren Kindern und Familien einen Rückzugsort in der Natur, wo Ruhe, Natur und Umweltschutz, Beschäftigung und soziale Kontakte gepflegt und groß geschrieben werden. Ich weiß, dass ein stadtnaher Garten in der heutigen Zeit ein Luxus ist. Aber es ist ein Luxus, den sich jeder Rostocker leisten kann. Sei es die junge Familie mit ihren Kindern aus dem Plattenbau oder das Rentnerehepaar mit ihrer kleinen Rente. Wo der Garten noch der einzige Ort ist, um soziale Kontakte generationsübergreifend zu pflegen und sich sinnvoll zu beschäftigen. Wo kann man denn heute noch Kindern die Möglichkeit geben, gefahrlos und unbekümmert spielen zu können und ihnen gleichzeitig die Verantwortung für Natur und Umwelt näher bringen?

Unsere Anlagen wurden zu Kriegszeiten von Ihren Großeltern und Urgroßeltern mit viel Arbeit aufgebaut und mit all ihrem Wissen über Gemüse und Obstanbau, Natur und Umweltschutz von Generation zu Generation weitergegeben. Dieses Wissen und diese Kleingartenkultur gehört genauso zu Rostock wie ihr Stadthafen, ihre Sehenswürdigkeiten, die Rostocker Heide und ihre Grünanlagen. Und macht es zu dem, was sie ist. Die grüne Stadt am Meer!

Sehr geehrte Bürgerschaft. Ich weiß, dass die Planungen zum neuen Flächennutzungsplan noch am Anfang stehen. Dass noch nichts ent- und beschlossen ist. Aber allein der Vorschlag, in einem Szenario eine 50 ha große Fläche voller Gärten, Lebensräume und Lebensträume von tausenden Rostockern und ihren Familien als Industriefläche auszuschreiben und gleichzeitig voller Stolz die BUGA 2025 zu präsentieren, strotzt doch vor Widersprüchen und Hohn. Da sollen wir ruhig bleiben? Nein…

Wir stehen jetzt auf und zeigen Präsenz. Denn nachher ist es zu spät. Wir sind nicht gegen neue Arbeitsplätze, auch nicht gegen Wohnungsbau… Aber es darf dafür kein weiterer Garten sterben. Egal wo in Rostock. Es muss dafür eine andere Lösung geben. Stichworte wie Verdichtung, Lückenbebauung, auf kleiner Fläche in die Höhe (Evershagen Rassmussen-Hochhaus super Beispiel). Alte Brachen bebauen, verfallene Industrieflächen nutzen usw. Es muss jede Möglichkeit bis ins Kleinste geprüft und ausgeschöpft werden. Und nicht der Weg des geringsten Widerstandes genommen werden.

Ich weiß auch, dass Sie als Bürgerschaft, so wie Sie jetzt hier zusammensitzen, das wahrscheinlich gar nicht mehr in der Hand haben, da wie wir ja alle wissen, demnächst bald Wahlen anstehen. Und dann auch hier wahrscheinlich die Karten neu gemischt werden. Aber Sie können die Weichen stellen für zukünftige Entscheidungen und meine Botschaft bzw. unsere Botschaft an die nächsten weiter tragen. Wer die nächsten sind, wissen wir nicht. Aber wir können es beeinflussen. Denn wir sind nicht nur 15.000 Kleingärtner, nicht nur 15.000 Rostocker. Sondern auch 15.000 Wähler. Und wir werden die nächsten Wochen uns zu den Leuten positionieren, die sich zu uns positionieren. Die sich zu Rostock und ihren Einwohnern positionieren und nicht zu völlig überzogenen Wachstumsprognosen und westdeutschen, millionenschweren Investoren…

Dafür werden wir Kämpfen…für Rostock, für unsere Kinder, für unsere Gärten mit ihrer Flora und Fauna …und vor allem Für die grüne Stadt am MEER !!!

Danke schön …….

30.01.2019 PRESSESPIEGEL
´´Kleingärtner verschaffen sich Gehör im Rathaus„
30. Januar 2019 von Katrin Zimmer – Quelle: https://www.svz.de/22458282

Es summt nicht mehr, das Zwitschern verstummt, Smog steigt in die Lungen. „Ein Schreckensszenario für Menschen, Flora und Fauna“, sagt Kleingärtner Marco Linstädt. Er hat der Bürgerschaft in der Sitzung am Mittwoch 5072 Unterschriften aus einer Petition übergeben. Deren Ziel ist es, die Anlagen An’n Immendiek, Jägerbäk, Schöne Aussicht und Schutow zu sichern. Die wolle die Stadt für Wohnungen und Gewerbe platt machen. Mehr als 1000 Parzellen sind bedroht, wenn der Flächennutzungsplan wie aktuell in der Stadtverwaltung debattiert, geändert wird.

„Wir sind nicht gegen Wohnungsbau, aber dafür darf kein Garten sterben“, erklärt Linstädt, der Mitglied der Anlage An’n Immendiek ist. Zwar werde immer wieder gesagt, dass noch nichts beschlossen sei, aber so recht glauben könne er das nicht. „Rostock will sich als ,grüne Stadt am Meer präsentieren‘ und die Buga holen und gleichzeitig Gärten roden“, fasst der 36-Jährige zusammen. Angesichts der Kommunalwahl im Mai unterstreicht er: 15.000 Kleingärtner sind auch 15.000 Wähler.

Dass Gärten nicht ohne Weiteres weichen, betont SPD-Fraktionschef Steffen Wandschneider-Kastell: „Wir bewegen uns in einem Spannungsfeld zwischen einer wachsenden Stadt und dem Erhalt von Grün. Aber wenn wir Parzellen wegnehmen, müssen an anderer Stelle neue geschaffen werden.“ Dem schließt sich Sybille Bachmann (Rostocker Bund/Graue/Aufbruch 09) an. Sie fordert sogar, die Ersatz-Gärten im jeweiligen Quartier einzurichten. Trotzdem sagt sie: „Wir brauchen Gewerbeflächen und Gärten.“

Der Erhalt von Kleingärten sei immens wichtig, jede Entscheidung von Bürgerschaft und Verwaltung wohl durchdacht, sagt die Fraktionsvorsitzende der Linken, Eva-Maria Kröger. Eigentlich müssten Kleingärten ein immaterielles Kulturerbe sein. Es lohne sich, für den Erhalt der Kleingärten zu kämpfen, unterstreicht auch Andrea Krönert (Grüne). „Ich hoffe, dass die ,Grüne Welle‘ die richtige Formel findet, ein Verhältnis zwischen Wohnungen und Grün zu schaffen.“

Rostock ist eine von zwölf Modellregionen im Bundesprogramm Zukunft Stadtgrün. Bestand, Erhalt und Entwicklung von Kleingärten sollen in einem Konzept fixiert werden. Der neue Flächennutzungsplan soll zeigen, welche Flächen künftig für Wohnen, Gewerbe und Grün genutzt werden können. Drei verschiedene Szenarien haben die Stadtplaner ausgearbeitet. Zwischen 2000 und 5000 der aktuell 15.000 Parzellen könnten demnach wegfallen.